Autohäuser 2010: Service oft nicht gleich Service
Heute beim Sonntagsfrühstück bin ich mal wieder über ein VW Prospekt eines regionalen Händlers gestolpert.
Man ist innovativ und preist Intervallservice Angebote und Jahresinspektionen an. Gleichzeitig der Hinweis „Warum wo anders mehr bezahlen“ und „bis zu 20%!“ sparen. Sogar auf Leistungssteigerung bei MTM gibt es im November „10% Nachlass“.
Und dann entdecke ich auf dem selben Prospekt, den Hinweis auf ein „Werkstattersatzfahrzeug ab 10 €/Tag“. Also wie jetzt? Hier 10% sparen und dort 10€ wieder drauf? Und das wahrscheinlich für einen nackten 70 PS Polo V…
Wieso sollte ich denn für ein Auto auch noch was zahlen, wenn es schon in die Werkstatt muss? Und wieso nutzen Hersteller den heutzutage seltenen Moment dass der Kunde tatsächlich mal wieder im Autohaus vorbeischaut nicht um ihm neue Produkte und AfterSales Angebote anzupreisen? Durch die verlängerten Wartungsintervalle distanzieren sich Autohaus und Kunde immer weiter voneinander. Gleichzeitig steigt die Bedeutung von CRM-Maßnahmen um den Kontakt zum Autohaus und letztlich der Marke nicht völligst abbrechen zu lassen. Deswegen sollte man dem Fahrer eines 5er BMW beim unfreiwilligen Werkstattbesuch nicht gegen Entgelt einen Mini (immer mindestens selbe Fahrzeugklasse) anbieten sondern ihm freiwillig das aktuelle Modell in seiner Wunschaustattung zur Verfügung stellen (soweit verfügbar). So kann der Kunde ohne aufwändigen Probefahrttermin am Wochende vereinbaren zu müssen (das Wochenende gehört der Familie) das neue Modell im Alltag testen (Wochenende ist nicht gleich Alltag). So entsteht bem Konsumenten nach kurzer Zeit das Begehren nach den Annehmlichkeiten des neuen Modells und er spürt die Wertschätzung als Kunde. Bei frisch auf den Markt gekommenen Produkten trägt das Werkstattersatzfahrzeug sogar dazu bei, dass das neue Modell sich im Stadtbild zügig etabliert. Ob eine Aufschrift des Autohauses nun eher vorteilhaft für das Autohaus oder negativ für den Fahrer (man sieht sofort, dass der Fahrer nicht Eigentümer des Autos ist sondern das Autohaus) ist, kann man sich streiten.
Natürlich muss man hierbei aber auch die Situation der Autohäuser sehen. Knappe Margen, hoher Kostendruck,.. lassen vielen Autohäusern nicht viel Spielraum für großartigen Service. Doch genau das spürt der Kunde, wenn bspw. keine Probefahrtfahrzeuge verfügbar sind, eine Probefahrt auf wenige Stunden begrenzt ist, oder eben ein Werkstattersatzfahrzeug auch noch was kosten soll. Will ich bei so einem Autohaus Kunde sein und Fahrer einer solchen Marke sein? Und ist das die Art und Weise, wie ich als Kunde behandelt werden möchte? Sicherlich nicht.
In Zeiten, in denen die Quailtät der etablierten Marken sich immer mehr annähert (Wissen sie in wie vielen Fahrzeugen ihr aktueller Motor verbaut ist?) und gleichzeitig andere Faktoren wie Design, Markenimage oder Preis eine immer wichtigere Rolle bei der Kaufentscheidung sprechen, steigt auch die Bedeutung der Loyalisierung. Deswegen sollte man seine bestehenden Kunden entsprechend betreuen und ihnen in jeder Kontaktsituation das Gefühl geben sie seien etwas Besonderes. Es gibt nicht umsonst einen Markenwechselbonus für die Verkäufer, denen es gelingt einen Fahrer einer Konkurrenzmarke für die eigene zu gewinnen. Dieser finanzielle Spielraum wird dann gerne auch mal ein Stück weit an den Kunden weitergegeben.
Dem Kunden das Gefühl zu geben, dass er wichtig ist, dass die Marke sich immer besser auf ihn einstellen möchte, sind zentrale Elemente von Social Media Strategien. Der (potentielle) Kunde wird ernst genommen, nach seiner Meinung gefragt, und eingeladen mit der Marke zu interagieren. Die Hersteller erhoffen sich hierdurch vieles. Eine stärkere Kundenbindung, wertvolle Consumer Insights und die Marke persönlich erlebbar zu machen – auf Arten die früher undenkbar waren.
Deutschland ist nicht umsonst der härteste Automobilmarkt auf der Welt. Wer hier dominieren will muss in allen Facetten gut aufgestellt sein. Das gilt nicht nur für die Produktqualität sondern auch für den Service.
Wenn mir heute jemand erzählt, er hatte seinen 3 Jahre alten Mittelklassewagen in der Werkstatt und musste für das Ersatzfahrzeug etwas zahlen, so würde ich klar sagen: „Wechsel die Werkstatt oder gleich auch die Marke!“ Und teile deine negative Erfahrung anderen mit.